Ich hatte mir die Multirolle Offshore 4500 LH von der Firma Spro zugelegt. Ich war auch mit der Rolle sehr zufrieden, weil sie u.a. dafür bekannt ist, ein gutes Preis-Leistungsverhältnis zu haben. Da ich aber eine komplette Norwegen-Ausrüstung benötigte, konnte ich mich nicht im oberen Preissegment umsehen. Die Rolle hat ihre Dienste aber gut erledigt und auch in der Tiefsee recht gut funktioniert. Nach etlichen Einsätzen in der Tiefsee um die 300m und einigen harten Drills hat allerdings die Bremskraft nachgelassen, so dass die Bremsleistung zum Ende der Reise fast gar nicht mehr vorhanden war.
Zu Hause angekommen habe ich mir die Rolle dann mal vorgeknöpft und komplett zerlegt:
Die serienmäßig verbauten Bremsscheiben wiesen deutliche Gebrauchsspuren auf und „hatten fertig“: Jetzt kam das große Grübeln, was machen? Original Ersatzteile bestellen? Wird ja dadurch nicht besser und dürfte nach der nächsten Reise wieder so aussehen.
Also mal Google befragt und zu dem Entschluss gekommen die Rolle auf Bremsscheiben aus Carbon umzurüsten. Gesagt, getan, aber welches Carbon? Irgendwann bin ich auf einen Thread gestoßen über handelsübliche Trennscheiben für eine Flex. Die sind 1mm stark und aus einem Carbongemisch. Da es Trennscheiben sind, sind die auch extrem hitzebeständig. Also habe ich mir die Trennscheiben besorgt und losgelegt. Ich habe erst mal die Durchmesser der alten gemessen und dann mit einem Locheisen die neuen Scheiben aus der Trennscheibe ausgestanzt. Die Gleitflächen habe ich dann mit Schmirgelpapier geschliffen und poliert. Die Bruchkanten rings um die Scheibe habe ich dann noch mit Sekundenkleber versiegelt und auch geschliffen. Und das ist das Ergebnis (alte und neue Scheibe):
Danach habe ich dann noch die Metallscheiben der Rollenbremse überarbeitet und poliert. Wenn es fertig ist sieht das ungefähr so aus:
Jetzt die Rolle noch mal ordentlich gesäubert, eingefettet und wieder zusammengebaut. Erster Test, Hurra sie dreht sich noch!
Dann etwas probiert und auf die Rute montiert. Die Schnur läuft sauber ab und ruckelt nicht. Das Ergebnis hat mich selbst überrascht, da hatte ich nicht mit gerechnet. Also ab in den Garten. Kofferwaage an der Teppichstange befestigt und die Schnur an die Waage geknotet. Bremstest! Leider war ich allein und konnte die Waage mit der Rute in der Hand schlecht ablesen. Aber die Bremse hat gut funktioniert. Bei ca. 20 Kg !!! Bremskraft hat dann die Schnur aufgegeben und ist gerissen.
Das musste ich natürlich meinen Mitanglern noch kundtun und habe die Bremse beim nächsten Treffen mal vorgeführt. Selber Aufbau, allerdings jetzt noch mit ein paar „Trockendrillübungen“ im Garten. Plötzlich hat es gekracht und es kamen beim Kurbeln laute, unschöne Geräusche aus dem Rolleninneren. Ich konnte zwar kurbeln, aber die Spule hat nicht mehr aufgewickelt. Damit hatte sich das Thema erst mal erledigt. Wieder zu Hause, wollte ich der Sache mal auf den Grund gehen. Also, die Rolle wieder zerlegen. Jetzt wusste ich ja schon mal wie es geht. Im Getriebe angekommen musste ich feststellen, dass das Material im Getriebe wohl nicht für diese enormen Bremskräfte ausgelegt ist. Das Zahnrad auf der Spulenachse hatte aufgegeben und war kaputt:
Das ließ sich jetzt nicht mehr alleine beheben, da musste wohl ein Ersatzteil her. Da Pro-Fishing bei mir um die Ecke ist, bin ich da mal hin. Nach einem Anruf bei Spro Deutschland kam dann auch gleich die Zeichnung per Mail. Schnell das richtige Teil rausgesucht und bestellt. Nach ein paar Tagen konnte ich dann mein neues Zahnrad abholen und einbauen. Für 5€ war die Reparatur vertretbar. Also wurde die Rolle erneut getestet, allerdings nicht mehr mit voller Bremskraft! ;-)))
Ihr seht also, eine hohe Bremskraft kann man auch mit einer Multirolle im unteren bzw. mittleren Preissegment erreichen. Es muss nicht immer eine teure Multirolle für 300 – 400 Euro sein, mit ein wenig Ideengeist kann man sein Equipment durchaus ordentlich aufrüsten. Der Test zeigte, dass die neuen selbstgebauten Carbon-Bremsscheiben so stark sind, dass sie selbst ein Zahnrad zerstört haben.
Petri Heil, euer Jens