Eins vorweg: Wir wollen hier nicht die komplette Insektenkunde („Entomologie“) aufarbeiten, sondern nur die Insektengruppen auswählen und beschreiben, die für uns Fliegenfischer wichtig sind. Alles weitere aus der artenreichsten Gruppe aller Lebewesen auf dieser Welt, würde hier natürlich den Rahmen sprengen und hunderte von Seiten füllen!
Für den Fliegenfischer sind alle Insekten interessant, die im Wasser oder nah am Wasser vorkommen und auf dem Speisezettel unserer Zielfische stehen. Wie z.B. dieses Tierchen hier:
FOTO: Steinklammerer (Insekt, Nymphe) im Original
FOTO: Steinklammerer (nachgebunden)
Achtung, jetzt wird es kurz wissenschaftlich:
Zum besseren Verständnis der Lebensweisen von Wasserinsekten kommt hier ein wichtiger, aber etwas „trockener“ Absatz, von @Quelle: Silke Harrer (planet-schule.de) zum Thema:
„Insekten bewohnen jeden terrestrischen Lebensraum und sind vor allem in der Luft beheimatet. Mehrfach haben sie vom Land aus das Wasser besiedelt, wobei oft nur die Larven, manchmal aber auch die Adulten im Wasser leben. Einige Arten haben sich auch an das Leben auf der Wasseroberfläche angepasst.
Man unterscheidet bei den Insekten die hemi- und die holometabolen. Hemimetabole sind diejenigen mit unvollständiger Entwicklung, z. B. Libellen. Bei dieser Gruppe ähneln die Larven den Imagines mit jeder Häutung mehr, sie sind aber flügellos und kleiner; außerdem fehlt das Puppenstadium bei der Entwicklung zum Imago. Bei den Holometabolen (Insekten mit vollständiger Entwicklung) unterscheiden sich die Larven stark von den Adulten. Außerdem findet zwischen Larven- und Adultstadium das Puppenstadium statt. In diesem Stadium werden die larvalen Gewebe abgebaut. Die abgebauten Grundbausteine bilden die Grundlage zur Entwicklung des Vollinsekts.
Insekten atmen mit Tracheen. Das sind chitinverkleidete Luftröhren, die den ganzen Körper durchziehen und nach außen über Atemlöcher (Stigmen) offen sind. Dieses Atmungssystem wird auch im Wasser beibehalten, muss aber in Anpassung an das andere Medium abgewandelt werden. Die meisten Insekten müssen zum Atmen an die Oberfläche auftauchen. Hierfür haben einige ihre Stigmen verlagert – oft ans Hinterende, wie z. B. die Stechmückenlarve. Zusätzlich nehmen manche Arten Luft unter die Wasseroberfläche mit, z. B. unter den Flügeln. Man bezeichnet diese Luftblase als „physikalische Kieme“. (…)“
Ein toller Absatz oder? Alles verstanden? Falls nicht, auch nicht schlimm, wir sind ja auch keine Biologen sondern Fliegenfischer. Für uns ist nur wichtig in welchen Entwicklungsstadien wir eine Insektenimitation an unser Vorfach binden möchten. Wir unterscheiden drei Gruppen Imitationen:
Nymphen (in Grundnähe)
Nassfliegen (im Mittelwasser)
Trockenfliegen (auf der Wasseroberfläche)
Nymphen
Nymphen leben am Grund oder in Grundnähe. Nach der Eiablage des Insektes schlüpfen die kleinen Larven am Grund und leben dort für einige Zeit zwischen den Steinen, an Algen oder Totholz. Um den Platz zu wechseln lassen sie sich einfach mit der Strömung flussab treiben. Auf diesen Moment haben die Bachbewohner gewartet. Die Fische stehen in der Strömung oder in Gumpen und brechen kurz aus um eine vorbei treibende Nymphe zu schnappen! Wenn der Fliegenfischer dieses Verhalten der Fische beobachtet, spricht er auch davon, dass die „Fische nymphen“ und knotet schnell eine entsprechende Imitation an. Besonders im Frühjahr, ein paar Wochen nach der Eiablage, sind viele Nymphen unterwegs und dann fangen diese Imitationen, treibend in der Strömung, eigentlich immer.
FOTO: Köcherfliegenlarve
Nassfliegen
Nassfliegen sollen Insekten imitieren, die ihr Larvenstadium am Grund beendet haben und nun zur Wasseroberfläche aufsteigen. Um dann, an der Wasseroberfläche angelangt, schnellstmöglich verschwinden zu können, bricht bereits auf dem Weg zur Oberfläche die Haut bei den Larven auf und erste Flügel sind zu sehen. Entsprechend werden bei Nassfliegen bereits nach hinten geklappte, kleine Flügelchen eingebunden. Wenn sich die Fische vom Grund lösen und aufsteigen, aber nicht die Wasseroberfläche durchbrechen…dann ist die Zeit für eine Nassfliege gekommen. Der Fliegenfischer lässt Nassfliege zum Grund durchsacken und zupft dann die Fliege gegen die Strömung in kurzen Zügen zur Oberfläche oder lässt, durch festhalten der Schnur, die Strömung diese Arbeit erledigen. Die Bisse kommen hart und kraftvoll!
FOTO: verschiedene Nassfliegen mit Flügeln (oben rechts)
Trockenfliegen:
Mit Trockenfliegen werden Insekten imitiert, die zur Eiablage auf der Wasseroberfläche gelandet sind (z.B. "Eintagsfliegen"), als Nymphe zur Wasseroberfläche aufgestiegen und kurz vor dem endgültigen Schlupf stehen („Emerger“) oder Landinsekten (z.B. "Käfer", "Grashüpfer") die vom Ufer ins Wasser gefallen sind und nun ums Überleben kämpfen. Die Fische steigen nach diesen Insekten und sammeln sie von der Oberfläche ein. Der Fliegenfischer erkennt die Situation ziemlich schnell, denn Ringe und kleine Platscher verraten steigende Fische deutlich. Trotzdem ist das Fischen mit der Trockenfliege ziemlich heikel…denn die Fische haben hier am meisten Zeit unsere Imitation zu begutachten. Wirft das Vorfach einen Schatten oder treibt die Trockenfliege unnatürlich im Wasserflim (sie „furcht“) dann wird die Fliege von den Fischen verschmäht.
FOTO: Eintagsfliege (treibt mit dem Körper im Wasserfilm, die Flügel schauen raus)
Streamer
„Streamer? Ich denke man unterscheidet nur drei Fliegengruppen...?“
Richtig, denn eigentlich sind Streamer keine richtgen „Fliegen“ im herkömmlichen Sinne des Fliegenfischens. Sie imitieren kleinere Fischchen, Krebse oder Amphibien die eine weitere wichtige Nahrungsquelle insbesondere für große Räuber, darstellen. Ab einer bestimmten Größe ernähren sich Fische nicht mehr von Insekten, sondern brauchen größere Nahrung. Von Mini-Streamern (für große Bachforellen) bis handlangen Großfliegen (für Hecht, Huchen, Lachs) reicht die Palette. Ob Popper-Fliegen an der Oberfläche geführt, bis schwere Zander-Jigfliegen in der Tiefe…der Bindevielfalt sind keine Grenzen gesetzt.
FOTO: Fischchenstreamer, hier ein männlicher Stichling.